Gysi hat seine letzte Rede als Fraktionsvorsitzender der Linken am 2.10.2015 im Deutschen Bundestag gehalten.
"Gregor Gysi, wir danken Ihnen für Ihre historische Leistung",
weil das "zur historischen Wahrheit gehört".
Gregor Gysi liebt die Fernsehkameras und sie lieben ihn. Er ist anerkannt als ein großartiger und manchmal schlitzohriger Redner, ohne den es keine starke gesamtdeutsche Linke Partei gäbe.
Länger als Herbert Wehner und alle anderen hat Gysi im Deutschen Bundestag eine Abgeordnetengruppe bzw Fraktion geleitet. Durch Klick auf das Foto von Gregor Gysi kommen Sie zu dieser Rede
des Fraktionsvorsitzenden der Linken Gysi im Deutschen Bundestag am 2.10.2015.
Historische Leistung von Gregor Gysi
Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer hob bei seiner Rede im Bundestag am 2.Oktober 2015 die "Schlauheit" des Handelns von Gregor Gysi in der Volkskammer der DDR hervor, der ein Wegbereiter der Deutschen Einheit wurde, auch wenn er selber bei einer konkreten Abstimmung dagegen votierte. Der jahrzehntelang von vielen Medien und Politikern bekämpfte Gysi - ja, ohne diesen Gregor Gysi gäbe es heute keine STARKE Linke gesamtdeutsche Partei - führte ....
seine Partei und Fraktion, er führte auch am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz.
Dort, keine Überraschung, Seite an Seite mit jenen großen Schriftstellern der DDR, die sich wie er als Sozialisten verstanden wie als Demokraten, Stephan Heym und Christa Wolf, um nur zwei zu nennen. Die einen menschlichen Sozialismus wollten, Teil ihres Lebens und ihrer Identität.
"Die beste Staatssicherheit ist immer noch die Rechtssicherheit"
- so der Jurist Gregor Gysi bei seiner Rede am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz. Er forderte den Aufbau eines unabhängigen Verfassungsgerichts und ein neues Wahlrecht in der DDR.
Bei seiner Abschiedsrede im Deutschen Bundestag als Fraktionsvorsitzender der Linken am 2.Oktober 2015 hat er allen Abgeordneten ins Stammbuch geschrieben:
Es gab in der DDR eine politische Ausgrenzung, das war schlimm. Aber es gab keine soziale Ausgrenzung.
"Schwierigkeiten mit der Wahrheit" - in Ost UND West
Ich füge zu dem von Gregor Gysi Gesagten hinzu:
Politische Ausgrenzung gab es im Adenauer-Deutschland durchaus, harte, aber nicht so umfassend wie in der DDR und - wesentlich - zukunftsbezogen "verminderbar" durch ein strukturell anderes Justizsystem.
Westdeutschland hat noch heute "Schwierigkeiten mit der Wahrheit", so der Titel des Essays von Walter Janka aus der DDR 1989 über diese Schwierigkeiten mit der Wahrheit im östlichen Deutschland, der DDR.
Der Spanienkämpfer und Widerstandskämpfer gegen den Faschismus Walter Janka mit seinem aussergewöhnlichen Mut, der Verleger und Leiter des Aufbau-Verlags, dem schon im Exil Autoren von Thomas Mann, Lion Feuchtwander bis Anna Seghers ihre Werke anvertrauten, der für immer das bessere Deutschland repräsentiert, wurde 1957 in einem schändlichen Unrechts-Prozess in Ost-Berlin verurteilt.
In jenen Tagen Oktober und November 1989 erlebte dieser aufrechte, weder vor 1945 noch nach 1945 zu brechende Marxist (seine Identität trotz Parteiausschluss, "der nicht verloren gegangene Sohn der deutschen Arbeiterklasse") Walter Janka seine öffentliche Rehabilitierung:
Im Deutschen Theater in Ost-Berlin. Durch Christa Wolf und Ulrich Mühe, durch Stephan Hermlin und Heiner Müller und viele weitere, ermutigt von Freimut Duve (SPD und Verleger), nach Jahrzehnten öffentlich sein Schweigen zu brechen.
Über seinen Gerichtsprozess 1957 schreibt Walter Janka:
"Zur Ehre der Anwälte sei gesagt, dass sie alle Möglichkeiten genutzt haben, die vor DDR-Gerichten denkbar sind. Das ist nicht viel. Aber es ist schon mutig, bis an die Grenzen zu gehen."
(S.104, Walter Janka: Schwierigkeiten mit der Wahrheit. Rowohlt Reinbeck bei Hamburg 1989)
Im Justizapparat in der Bundesrepublik Deutschland in der Adenauerzeit saßen zeitgleich zur Verurteilung Jankas in Ost-Berlin die Juristen aus der Nazi-Zeit, prägend, in sehr großer Zahl, in den obersten Gerichten meist in Über-Zahl, als Mehrheit. Sie ver-urteilten erneut über jene, die die KZ von Nazi-Deutschland überlebt, die gegen den Faschismus und Völkermord von Nazi-Deutschland gekämpft hatten. Wieder.
Auch die Toten, bereits durch ihren "Richterspruch" Ermordeten wie Dietrich Bonhoeffer und viele viele weitere, als sie 1956, als oberste Richter der Bundesrepublik Deutschland den Justizmord an Dietrich Bonhoeffer und darüber die weiteren Justizmorde in der deutschen Nazi-Diktatur nach 1945 für "Recht" erklärten.
In einer Weise, mit der sie alle Richter der Nazi-Zeit und "furchtbaren Juristen Hitlers" vor einer Anklage nach 1945 schützten. Damit vor einer Verurteilung als Nazi-Justiz-Verbrecher.
Im Adenauer-Deutschland.
Kommunisten und viele, die nur Kontakt mit ihnen hatten, wurden dagegen oft grausam verfolgt, zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland.
Diese Wahrheit auszusprechen ist keine Gleichsetzung des Justizsystems der DDR und der Bundesrepublik Deutschland.
Es kann jetzt keinen Krieg Deutsche gegen Deutsche mehr geben
"Die deutsche Teilung war das Ergebnis der NS-Diktatur und des 2.ten Weltkriegs, der 50 Millionen Tote gekostet hat. Die Sowjetunion allein erlebte 27 Millionen Tote, die Vernichtung der europäischen Jüdinnenn und Juden kosteten 6 Mio Tote.
Viele Länder waren zerstört, auch Deutschland. Deutschland selbst verzeichnete 3 Millionen Tote." -
Bekannte Tatsachen, historisch, sie bleiben wahr, die Gregor Gysi in seiner Rede am 2.10. im Deutschen Bundestag nannte, ein Tag vor einem historischen Gedenktag am 3.Oktober
2015
Bei KNBerlin
(zu Nazi-Juristen nach 1945)
Gregor Gysi hat das wieder vereinte Deutschland geprägt. Er nicht allein, aber er aktiv gestaltend.
Kanzleramtsschef Peter Altmaier (CDU) sieht 2015 als ein Ergebnis der Wiedervereinigung, dass es einen "demokratischen Konsens" gibt. Auch daran - an dieser Tatsache - hat Gregor Gysi Anteil.
Gregor Gysi hat hohe persönliche Verdienste daran, dass als Repräsentantin besonders der Schwächeren der Gesellschaft im gesamten Deutschland eine starke
Linke Partei im Bundestag ist. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit für jeden, der die schlimmen Nachkriegsbedingungen für Linke in der "Adenauer-Republik" aus
Erfahrung kennt bzw. der Historischen Wahrheit seine Stimme gibt.
Gregor Gysi ist seit den Jahrzehnten des Mauerfalls "das Gesicht" eines Menschen und Mannes aus den östlichen Bundesländern der früheren DDR, der wie kein anderer seit Jahrzehnten stets für die menschliche Würde und Respekt vor der Lebensleistung der Menschen in der DDR gekämpft hat.
Weitere Informationen über Nazi-Juristen im Justiz-System der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 und die "Selbst-Freisprechung" 1956 vom eindeutigen Justizmord an dem Ev. Pfarrrer Dietrich Bonhoeffer und weiteren durch Justizmord Hingerichteten im April 1945
https://www.knberlin.de/gedenken-an-dietrich-bonhoeffer/
Texte und Fotos: Helga
Karl
Berlin, 3. Oktober 2015
... ein Nachtrag ... von Helga Karl am 15. Oktober 2015
Ungesühnte Nazi-Justiz in der BRD - die Zweite Schuld
Als Westdeutsche, gebürtige Bayerin in der Nachkriegszeit und seit Jahrzehnten Berlinerin will ich (H.K.) zur "Zweiten Schuld" in der Bundesrepublik Deutschland hier Stellung nehmen. Denn mich stört die EIN-Seitigkeit der oft allzu selbstgerechten Forderungen nach Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit an Linke aus der DDR. NUR an diese. Nicht immer, aber nicht selten durch jene, die den braunen Balken im eigenen "westdeutschen" Auge nach 1945 aktiv übersehen.
Wir Nachgeborenen wurden im westlichen oder östlichen Deutschland hineingeboren, ohne Wahlmöglichkeit, als Folge der welthistorisch "einmaligen" Nazi-Verbrechen, Verbrechen Deutscher. - Jedenfalls bis 1990. Da stimme ich Gregor Gysi zu, der Jurist ist, Anwalt in der DDR war. Er soll ein sehr guter Anwalt gewesen sein. -
Ob und wie wir uns der historischen Wahrheit stellen, dafür können wir Nachgeborenen durchaus.
These: Rechtsbeugung durch das Netzwerk der NS-Richterschaft bzw. Nazi-Juristen im Justizsystem der Bundesrepublik Deutschland nach 1945
Ich habe mich nach Jahrzehnten wieder ausführlicher mit dem - früher vermuteten, aber durch vollständige Zahlen nicht belegbaren - mächtigen Netzwerk der "Nazi-Juristen im Justizsystem der Bundesrepublik Deutschland nach 1945" befasst. Auslöser war meine Auseinandersetzung mit der schändlichen "Selbst-Freisprechung" vom Justizmord an Dietrich Bonhoeffer (und weiteren Justizmorden) durch den Bundesgerichtshof 1956 in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit ungewöhnlicher sachlicher Entschiedenheit, mit genauen juristischen Details sprach Wolfgang Huber (früherer Ev. Bischof und EKD-Ratsvorsitzender) in der Zionskirche Berlin bei seiner Rede anlässlich des Ermordungstags von Dietrich Bonhoeffer vom Justizmord an dem Ev. Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, mit unverhüllter Empörung in der Stimme bei aller Genauigkeit.
Es hat mich elektrisiert. Ich begann noch Nachts zu recherchieren. Stellte durch den Wikipedia-Beitrag "Wolfgang Huber" fest, dieser stammt aus einer Juristenfamilie mit viel juristischer Kompetenz. Ich begriff auch als Nicht-Juristin schnell: das war klarer Justizmord an Dietrich Bonhoeffer, "sogar" bei Zugrundelegung der schändlichen Nazi-Gesetze.
Wie kann es sein, dass bei einem so "eindeutigen" Fall von Justizmord durch Nazi-Richter im Jahr 1956 der Bundesgerichtshof auf FREISPRUCH
entscheidet? Ein Verfahren durch den BGH, "künstlich" aufgerollt, -
um ein höchstrichterliches Urteil sprechen zu können (BGH Bundesgerichtshof)? So sehe ich es mit bisherigem Wissen.
Ich war fassungslos wie sehr selten.
Je mehr Tatsachen ich las, weiter recherchierte, desto größer wurde mein Verdacht, wurde zur These :
Das war vorsätzliche "Rechtsbeugung durch das mächtige Netzwerk der Nazi-Juristen innerhalb des Justizsystems der Bundesrepublik Deutschland", Rechtsbeugung mit dem Ziel,
ALLE Juristen aus der Nazi-Zeit nach 1945 einer Anklage
und damit einer Verurteilung als Nazi-Justizverbrecher nach 1945 zu entziehen.
Über den BGH Bundesgerichtshof sagt der Jura-Professor und Verfassungsjurist Prof. Wolfgang Abendroth (siehe ff., S. 232):
"..bei einem so restaurativem Organ, wie es der BGH angesichts seiner Besetzung
mit einer erheblichen Anzahl ehemaliger NSDAP-Mitglieder war..."
DIESE NS-Juristen, NS-Richter, Nazi-Staatsanwälte urteilten in großer Zahl nach 1945 über jene, die in der Zeit der Nazi-Diktatur gegen den Faschismus gekämpft haben,
gegen den deutschen Völkermord an Jüdinnen und
Juden, Völkermord an Slawen, an Sinta und Roma, an Homosexuellen.
Als Richter der Bundesrepublik Deutschland. -
Die von den Nazi-Juristen Verurteilten und Ermordeten galten nach 1945 für Jahrzehnte als "Vaterlandsverräter", mit allen negativen Konsequenzen, in der Bundesrepublik Deutschland.
Strafrechtliche Verfolgung nach 1945, wer die NS-Vergangenheit von Juristen benennt
Im folgenden zitiere ich aus dem Buch: Wolfgang Abendroth. Ein Leben in der Arbeiterbewegung. Gespräche, aufgezeichnet von B.Dietrich und J.Perels. edition suhrkamp. Frankfurt/M 1976
Der Jurist und Staatsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Abendroth, Mitglied in zwei Staatsgerichtshöfen und bis zu seiner Emeritierung Professor an der Universität Marburg, ist einer der sehr wenigen prominenten Juristen der Nachkriegszeit, der in der Zeit des deutschen Faschismus selber aktiv im Widerstand war. Oft sehr angefeindet, war er zugleich Nazi-unbelasteter "Vorzeigejurist" gegenüber dem Ausland. Dieses Buch ist eine Fundgrube an genauen Beobachtungen, Erfahrungen und geschichtlich bedeutsamen Informationen über die Arbeiterbewegung ebenso wie über die Lage eines Antifaschisten unter vielen Ex-Nazi-Juristen, im Hochschulwesen wie im Justizapparat nach 1945.
"So hatte noch vor dem generellen Stimmungsumschwung der Studenten gegen meinen Rat ein SDS-Student über einen meiner juristischen Kollegen einen Artikel in einer Studentenzeitung geschrieben und darin Passagen aus dessen Veröffentlichungen im Dritten Reich zitiert.
Die Folgen, die dieser Artikel hatte, kann man sich heute kaum mehr vorstellen.
Der Student wurde von der Universität relegiert, ohne dass ich es hätte verhindern können.
Er wurde strafrechtlich verfolgt und verurteilt, denn das Gericht entschied, dass die Veröffentlichung eine Beleidigung enthalte, weil ein Zitat des Kollegen mit der Randbemerkung versehen war, dass es von nationalsozialistischer Gesinnung zeuge, was natürlich auch der Fall war.
Der Student fand damals keinerlei Rückhalt bei der Mehrheit seiner Kommilitonen; sie waren im Gegenteil der Ansicht, dass er sich unanständig benommen habe." (S. 258)
"... unverhüllte Verletzung rechtsstaatlichen Denkens ... in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs" - so W. Abendroth
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